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Totes Dorf,
lebendige
Geschichte

Von Walberhof nach Wollseifen und
zurück: Die kurze Eifel-Wanderung mit
Möglichkeit zur Rundtour bietet weite
Ausblicke und interessante Historie

VON GUDRUN KLINKHAMMER                            Hand liegt eine offeneWiese, die gelegentlich   Der Weg nach Wollseifen, auch das „tote Dorf“ genannt, führt von Walberhof aus knapp drei Kilometer über die Dreiborner Hochfläche hinweg.
                                                  mit Schafen beweidet oder auch von Men-
D as Ziel ist einmalig: Vom Park-                 schen mit schwerem Gerät gemäht wird. Er-       Die Rundumsicht ist bei schönem Wetter ausgezeichnet.                                            FOTOS: GUDRUN KLINKHAMMER
               platz Walberhof, hoch gelegen      staunlich, liegt diese Fläche doch mitten im
               über der Schlossstadt Schleiden    Nationalpark Eifel, in dem das Motto lauten     Kapelle. Neben den Schildern ein erster bau-     Schwestern auf. Noch sehr genau kann sie        tel Küpper. Die 300 Jahre alte Glocke ging
               in der Eifel, startet der Wander-  soll „Natur Natur sein lassen“. Auf einer In-   licher Hinweis auf den Ort Wollseifen. 1908      die Zeit derVertreibung schildern. Ihre Eltern  nach Steckenborn, die Kirchenbänke wur-
weg in Richtung Wollseifen. Die „Wüstung“         fo-Tafel mit der Überschrift „Was ist denn      wurde das Kapellchen erbaut, damals gehör-       führten in Wollseifen ein Geschäft. Und na-     den in Einruhr gebraucht. Gleich neben den
Wollseifen wird heute auch „Das tote Dorf“        hier los?“ wird der Umstand erklärt. Ziel sei   te es noch zu einem Privathaus. 2007 wur-        türlich war es für ihrenVater extrem schwie-    steinernen Zeugnissen der Wüstung Woll-
genannt. 1946, nach dem Zweiten Welt-             es, im „Nationalpark Eifel heimische Pflan-     de das kleine Gotteshaus von ehemaligen          rig, für die große Familie und das Ladenin-     seifen stehen die weißen, kubisch geform-
krieg, mussten die Einwohner fliehen. Die         zen- und Tierwelt wieder in ihre eigenen, un-   Wollseifenern wie Fritz Sistig und von Mit-      ventar eine neue Bleibe zu finden. Heute        ten Truppenübungsplatzhäuser der Belgier.
britischen Streitkräfte räumten den Ort, der      gelenkten Kreisläufe zurückzuführen“.           gliedern des Traditions- und Fördervereins       noch ist sie entsetzt, denkt sie an die Zeit    Auch hier informieren Tafeln.
1950 dem belgischen Militär übergeben wur-                                                        Wollseifen wie Alois Esch wieder aufgebaut.      zurück, als sie elf Jahre alt war: „Wir wur-
de. Gemeinsam mit der ehemaligen NS-Or-             Bis zum Jahr 2034 sollen mindestens 75        Noch einige Hundert Meter weiter macht           den nicht evakuiert, wir wurden vertrieben.     Verlängerung möglich
densburg Vogelsang und einem rund 40              Prozent der Nationalpark-Fläche als Pro-        der Weg zunächst einen Linksschwenk und          Die Vertreibung, der Krieg, diese Dinge dür-
Quadratkilometer großen Gelände nutzten           zessschutzzone sich selbst überlassen           dann eine Rechtsbiegung. Die alte Schule         fen sich niemals wiederholen! Kriege sind so    Nach einem kleinen Rundweg durch das tote
die belgischen Truppen bis Ende 2005 die-         werden. Die Nationalpark-Verwaltung in-         wird sichtbar, ebenso die Kirche St. Rochus.     nutzlos, Soldaten nur Kanonenfutter.“ Und       Dorf, der auch an einem alten Trafohäuschen
ses Gebiet als Truppenübungsplatz. An Re-         formiert: „Auf kleinen Anteilen der Natio-                                                       sie erinnert sich noch bildhaft an die Stun-    und einer Quelle samt Trog vorbeiführt, die
likten aus dieser Zeit spaziert der Wanderer      nalparkfläche, der sogenannten Manage-          Eine Zeitzeugin                                  den, bevor die Familie ihr Heim verlassen       an den im zwölften Jahrhundert erstmals ur-
nun vorbei. Es geht ein Stück in einem gro-       mentzone, werden durch aktive Pflege                                                             musste: Ihre Schwester habe sogar noch das      kundlich erwähnten Ortsnamen „Wolf-Sie-
ßen Rechtsbogen über die so genannte Drei-        artenreiche Kulturbiotope dauerhaft erhal-      Beide Gebäude kann man auch von innen            ganze Haus geputzt.                             fen“ erinnert, was so viel wie Wolfs-Tränke
borner Hochfläche, rund 500 Meter hoch ge-        ten, dazu zählt die vor Ihnen liegende offene   besichtigen. Auf Tafeln erinnern alte Bilder                                                     bedeutet, geht es auf gleichem Weg zurück
legen über dem Meeresspiegel.                     Graslandschaft.“ Zusammenfassend kann           und Texte an die Geschichte der Gebäude.           Die Kirchengeschichte von Wollseifen          nach Walberhof. Wanderer, die gut zu Fuß
                                                  man diese Art der Pflege als „so wenig wie      Eine, die diesen Weg regelmäßig geht, ist        geht auf das Jahr 799 zurück. Der heutige       sind, können einen insgesamt rund elf Ki-
Blick vom Hochplateau                             möglich, so viel wie nötig“ erklären. Man-      Christel Küpper. Sie ist eine der letzten Zeit-  Bau entstand 1633 bis 1635. Im Jahr 1665        lometer langen Rundweg vonWollseifen aus
                                                  che Biotope brauchen eben Pflege, um sich       zeuginnen. Christel Küpper, geborene Sis-        kam der Kirchturm hinzu, 1843 die Orgel-        in Richtung Urfttal weitergehen, der bis Vo-
Der Ort Dreiborn liegt in Sichtweite eben-        langfristig selbst entwickeln zu können. Der-   tig, wurde vor 83 Jahren in Wollseifen gebo-     bühne. Nach 1946 wurde auch die Kirche St.      gelsang und von dort aus zurück nach Wal-
so wie die ehemalige NS-OrdensburgVogel-          art informiert setzt derWanderer seinenWeg      ren. Sie wuchs mit einem Bruder und sieben       Rochus zerpflückt. Die Orgel kam nach Rol-      berhof führt.
sang, doch das Hochplateau erlaubt bei kla-       in Richtung Wollseifen fort. Auf gut halbem                                                      lesbroich, berichten Alois Esch und Chris-
rem Wetter eine noch viel umfangreichere          Weg passiert man linker Hand eine kleine
Fernsicht. Auf keinen Fall darf der Weg ver-
lassen werden, auch nicht, wenn die Neu-
gierde die Füße eventuell in die ein oder
andere Richtung tragen möchte. Auf der
Bildfläche linker Hand sieht man nach ei-
nigen Hundert Metern gelaufenem Weg ei-
nen großen Trümmerberg. Dabei handelt es
sich um einen gesprengten Bunker. Rechter

Auch die alte Schule in Wollseifen wurde wieder aufgebaut. Sie ist für Besucher geöffnet und er-  INFOS                                            In der Kirche St. Rochus wurde Christel Küpper, heute 83 Jahre alt, getauft. Sie erinnert sich
innert an die Geschichte des Ortes, den seine Bewohner nach dem Krieg verlassen mussten.                                                           noch heute mit Entsetzen an den Tag, als sie und ihre Familie Wollseifen verlassen mussten.
                                                                                                  Sechs Kilometer: Startpunkt ist der
                                                                                                  Wanderparkplatz Walberhof. Der Weg
                                                                                                  ist eben, Hin- und Rückweg zusammen
                                                                                                  sechs Kilometer lang. Diese Strecke ist
                                                                                                  auch mit Kinderwagen möglich.
                                                                                                  Elf Kilometer: Wer sich für den langen
                                                                                                  Rundweg entscheidet, der in Walberhof
                                                                                                  beginnt, über Wollseifen bis hinunter ins
                                                                                                  Urfttal und zur ehemaligen NS-Ordens-
                                                                                                  burg Vogelsang führt, von dort aus zu-
                                                                                                  rück nach Walberhof, sollte gut zu Fuß
                                                                                                  sein. Für Kinderwagen ist dieser Rund-
                                                                                                  weg nicht geeignet.
                                                                                                  Von April bis einschließlich Oktober gibt
                                                                                                  es zu festen Abfahrtszeiten von Vogel-
                                                                                                  sang über Walberhof nach Wollseifen
                                                                                                  und zurück den barrierefreien Service ei-
                                                                                                  ner Kutsche. Infos dazu und zu Ranger-
                                                                                                  führungen gibt es beim Nationalpark Ei-
                                                                                                  fel unter 02444/95100 oder im Netz:
                                                                                                  www.nationalpark-eifel.de.

INFO

Coimbra                                                                    Aktion. Die Farbe bestimmt den Gegenwert, den es
Im 16. Jahrhundert floriert die portugiesische Stadt Coimbra. Dort soll    dafür gibt. Die Regeln sind nicht kompliziert. Aber die
unser sozialer Aufstieg stattfinden. Dazu müssen wir die Unterstüt-        Wechselwirkungen machen die Entscheidungen sehr
zung der wichtigsten Gruppen erlangen: des Rates, der Kirche, der          komplex. Das Material unterstützt ausgezeichnet den
Händler und der Gelehrten. Die Honoratioren der Stadt haben ganz un-       Spielfluss. „Coimbra“ spielt sich optimal zu viert. Es ist
terschiedliche Forderungen. Der eine benötigt Geld, der andere eine        elegant, äußerst spannend und eine abendfüllende
Leibwache. Expeditionen in die Neue Welt sind auszurüsten und Pilger-      Herausforderung für erfahrene Spiele-Experten.
reisen zu unterstützen. All diese Aspekte greifen ineinander und be-       Berthold Heß
einflussen sich gegenseitig. Nur wer flexibel auf die Anforderungen re-
agiert und bei den Wechselwirkungen den Überblick behält, wird das         „Combra“ von V. Gigli und F. Brasini, für zwei bis vier
Spiel gewinnen. Sehr originell ist das Auslösen der Aktionen. 13 Wür-      Personen ab 14 Jahren, rund 120+ Minuten, Eggert
fel werden geworfen. Reihum wählt man Würfel aus. Die Augenzahl be-        Spiele / Pegasus, 45 Euro
stimmt die Reihenfolge, in der die Spieler agieren und den Preis für eine
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