Page 4 - Eifel Pur März 2020
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Im Tal der

WILDEN
NARZISSEN —

Ein Zauber, dem man sich nicht entziehen kann

REGION.                                                                                                                     Bewusstsein der Menschen für die
                                                                                                                            Schönheit und Besonderheit der Natur
W enn die wilden Narzissen blühen, dann machen sich jedes Jahr tausende                                                     und die Bedeutung der Artenvielfalt
              Fans auf den Weg ins Perlbachtal bei Monschau-Höfen, um dieses                                                führte ab Mitte der 1970er Jahre dazu,
              Naturschauspiel nicht zu verpassen. Doch die COVID-19-Krise macht dieses                                      dass die Bachtäler von der NRW-Stiftung
Jahr auch diesen Menschen leider einen Strich durch die Rechnung. Für die echten Fans                                       aufgekauft und unter Naturschutz
eine harte Prüfung. Aus diesem Grund möchte Eifel Pur, Sie werte Leserinnen und Leser,                                      gestellt wurden. Ab Ende der 80er
quasi virtuell mit auf eine Reise, mitten in das augenblicklich ganz in Gelb getauchte Tal,                                 Jahre begann man, die Fichten nach
zusammen mit einer echten Expertin, mitnehmen.                                               und nach zu fällen, sodass das Sonnenlicht wieder bis zum Boden
                                                                                             durchdringen konnte. Glücklicherweise waren die Narzissenzwiebeln
„Für mich persönlich ist es ein ganz besonderer, wunderbarer Ort, den ich untrennbar         nicht verschwunden, sondern ruhten in all den Jahren in der Erde und
mit dem Frühling verbinde und zu dem es mich jedes Frühjahr aufs Neue wieder hinzieht.
Voller Vorfreude packe ich dann meinen Rucksack, schnüre die Wanderschuhe und mache                                                                                                                   Anzeige
mich auf den Weg zu diesem Ort“, so Eva Herff, diplomierte Naturführerin für das Hohe
Venn und ehrenamtliche Waldführerin im Nationalpark.

Neben den knallgelb leuchtenden Narzissen, stecken auch die weißen Buschwindröschen
ihre Blüten der Sonne entgegen und die blühenden Weidenkätzchen entlang des Weges
werden von den ersten Bienen umschwärmt. Sonnenbeschienene Holzbänke laden
unterwegs zur Rast und zum Sonnenbaden ein. Nicht nur diese fast märchenhafte
Landschaft übt ihren magischen Reiz aus, auch die ganz besondere Geschichte dieser Täler
fasziniert die Menschen, die sich dieses Stück Paradies erwandern.

Diese entlegenen Bachtäler des Perlenbaches und des Fuhrtsbaches haben die Eifler
Bauern schon im 12. Jahrhundert gerodet, um sie anschließend als Heuwiesen zu nutzen.
Etwa 300 Jahre später kamen die Menschen dann auf die Idee, die Wiesen im Frühling
mithilfe so genannter „Flüxgräben“ durch das schwebstoffreiche Bachwasser zu düngen
und somit fruchtbarer zu machen. Hierbei wurde das Wasser aus den Bächen gestaut und
in Gräben, die parallel zum Hang verliefen, umgeleitet.
Noch heute kann man an einigen Stellen diese alten Flüxgräben sehen, aus denen man das
Wasser im Frühjahr über die Wiesen fließen ließ. Ein gewollter Nebeneffekt war, dass die
Wiesen im Frühjahr schneller auftauten und die Wachstumszeit früher begann.

Dunkelheit und Licht
Zu Beginn der 50er Jahre, als sich die Heuernte für die Bauern in den Tälern nicht mehr
lohnte, pflanzten sie dort Fichten an, die durch ihren schnellen Wuchs und die vielfachen
Einsatzmöglichkeiten einen besseren wirtschaftlichen Ertrag versprachen.
Doch mit den Fichten verschwand die Sonne auf dem Talboden und die Dunkelheit in
Verbindung mit dem vielen Nadelstreu ließen die wilden Narzissen und die vielen bunten
Wiesenblumen nach und nach in den Tälern verschwinden. Erst ein sich wandelndes

4 DAS MAGAZIN FÜR DIE EIFEL
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