Page 12 - Flyer Zeitungsredaktion
P. 12

Freitag, 8. November 2013 · Nummer 259                                                        Freizeit                                                                                                               Seite 19 ABCDE

Auf Eifelberge und hinter Klosterkulissen blicken

Die heutige Kurzwanderung führt steil aufwärts zu den Trappisten nach Mariawald und zum Aussichtspunkt „Luna“. Das Geheimnis des Lebens der Mönche.

VON ULRIKE
SCHWIEREN-HÖGER

Heimbach. Am Nationalparktor
Heimbach starten wir eine Wande­
rung, die zwar anstrengend, aber
durch malerische Landschaft führt
und gleich zwei Eifelblicke präsen­
tiert. Gut zu wissen: Auf halbem
Weg können wir im Kloster Maria­
wald verschnaufen und eine Erb­
sensuppe essen. Erstmal geht es
aber los vom Nationalparktor in
Richtung Ortszentrum, vorbei an
der Tankstelle. Nach etwa 200 Me­
tern überqueren wir die Straße und
gehen über die geschwungene
Holzbrücke. Ein Blick nach links
zeigt zum ersten Mal Burg Henge­
bach. Hinter der Brücke starten die
Kanufahrer im Sommer zu ihren
Expeditionen auf der Rur.

Das Staubecken

Wir marschieren nach links über

den Parkplatz und wählen rechter

Hand den Weg, der uns an Schre­

bergärten entlang führt. Nach ei­

nem Kilometer erreichen wir die

Mauer des Heimbacher Staube­

ckens, die wir überqueren. Das

Staubecken Heimbach ist das

kleinste Staugewässer am National­

park und dient hauptsächlich dem

Hochwasserschutz und der konti­

nuierlichen Wasserversorgung der

rurabwärts gelegenen Industrie.

Hinter der Staumauer wenden

wir uns nach rechts und folgen

dem Seerandweg. Nach weiteren

600 Metern erreichen wir eine

Weggabelung. Ein Schild zeigt uns

links hoch den Weg nach Maria­

wald. Am Herbstbach entlang geht

es bergauf. An einer Weggabelung

gehen wir geradeaus weiter und inmitten herbstlich gefärbter Wälder: Hier liegt die Nationalparkstadt Heimbach an der rur.                                                             Fotos: eifel-Verlag, stock/imagebroker

folgen den Schildern Mariawald.

Wir wandern zum Teil durch Bu­ Der Meuchelberg, der – einem steinernen Tränke. In weißen Weihnachtsnacht. Dann kann die Gleichgewicht von körperlicher wenigen verbliebenen über den

chenwälder mit viel Totholz. Die Vulkankegel gleich – zwischen Schalen dampft Erbsensuppe. Aus­ Kirche die Schar der Gläubigen Arbeit und geistlichem Leben ist. Kopf wächst, verpachtete das Klos­

abgestorbenen Hölzer bieten Le­ Heimbach und Stausee ins Blick­ flügler hocken bei gutem Wetter kaum fassen, die ihre Autos zur An­ Wie eh und je wird der gute Klos­ ter seine 100 Hektar Land und

bensraum für zahlreiche Tier­ und feld rückt, erinnert an die Legende an rauen Steintischen und schauen dacht steuern und kurze Zeit teil­ terlikör nach alter Rezeptur ge­ Wald an die National­

Pflanzenarten.                       um zwei Brüder, die sich hier im über Wald und Wiese, wo Kühe haben wollen an der Einsamkeit braut. Er hat die Mönche bekannt parkverwaltung Eifel. Zur Finan­

                                     Streit bis aufs Messer bekämpft ha­ Gras rupfen. Der heilige Bernhard des mönchischen Lebens.                         gemacht – zumindest bei Freun­ zierung des Klosters.

Der Soldatenfriedhof                 ben sollen.                         von Clairvaux, einer der bedeu­ Mariawald ist ein Kloster des Or­ den eines kräftigen Tropfens. Bei so viel nüchternem Reali­

                                     Der malerische Platz „Luna“ ver­ tendsten Kirchenlehrer und Äbte dens der Zisterzienser der Strenge­ Auch die bekannte Erbsensuppe tätssinn ist es hilfreich, ab und zu

Der Weg endet am Soldatenfried­ dankt seinen Namen einem Leh­ der Zisterzienser, hat sie gerne be­ ren Observanz (OCSO), allgemein wird seit den 50ern als Pilgersuppe an die wundersame Geschichte zu

hof, der 450 Meter hoch im Kerme­ rer, der mit seinen Schülern hier obachtet. In ihnen sah er ein Sinn­ Trappisten genannt, und die elf nach dem immer gleichen Rezept denken, die zur Klostergründung

ter liegt. 414 Tote des Zweiten eine Schutzhütte baute. Als ihn ei­ bild seiner Mönche: Wie die Kühe, Mönche werden seit 2006 von ih­ gekocht.                                                    geführt hat. Sie erzählt vom Heim­

Weltkriegs, darunter Russen und ner der Helfer fragte, wie lange er die geduldig wiederkäuen, so sol­ rem Jüngsten, dem 9. Abt, Dom Jo­ Die Landwirtschaft spielt kaum bacher Strohdachdecker Heinrich

Polen, die in der deutschen Wehr­ denn hier noch malochen müsse, len auch die Brüder Gottes Wort sef Vollberg, geführt. Er achtet dar­ noch eine Rolle. Da die Zahl der Fluitter, der um 1470 eine Pietá

macht gekämpft haben, fanden antwortete der Pädagoge: „Bis die als geistige Nahrung wieder und auf, dass der Tagesablauf im Brüder schrumpft, die Arbeit den kaufte, sie in einen hohlen Baum­

hier ihre letzte Ruhestätte. Viele Luna scheint.“                        wieder verdauen.                      EINBLICKE                                                                          stamm mitten im Kermeter­Wald

Gefallene starben im Alter von 18 Wir gehen abwärts und kom­                                                                                                                                      stellte und einen stillen Platz der

bis 20 Jahren. Ein elf Meter hohes   men an eine Abzweigung mit einer    In Kontemplation                      Stille und Idylle                                                                  Verehrung schuf, der immer be­
Kreuz und ein Gedenkplatz stehen                                                                                                                                                                  kannter wurde und 1480 in der
im Mittelpunkt der Anlage.           AN-SERIE                            Wer will, entdeckt überall in Ma­                                                                                        Nähe zur Klostergründung durch
                                                                         riawald Geheimnisse eines sol­                                                                                           die Zisterzienser von Bottenbroich
   Der Blick von dieser Stätte des

stillen Gedenkens geht über das      Freizeit                            chen Lebens in Kontemplation.                                                                                            führte.
Kloster und die Eifelberge. Nach                                         Schon der Wahlspruch des Klos­                                                                                           Als Hausgast zu den Mönchen
3,3 Kilometern Wanderung vom                                             ters „Luceat lux vestra – Euer Licht

Startpunkt Nationalparktor kön­                                          soll leuchten“ verrät, dass dieser

nen wir in der Gaststätte des Klos­                                      Ort mit Licht und Schauen zu tun                                                                                         300 Jahre betreuten die Mönche

ters Mariawald eine Rast einlegen.                                       hat. Oberhalb von Heimbach liegt                                                                                         die Pilger, bis die Kämpfer der fran­

   Vom Kloster gehen wir ein Stück   Ausflugstipps von uns für Sie       er, 417 Meter hoch über den tief                                                                                         zösischen Revolution durchs Land
der L 249 Richtung Heimbach ent­                                         eingeschnittenen Tälern von Rur                                                                                          zogen und das Kloster 1795 aufge­

lang und wenden uns nach 100                                             und Heimbach mitten im Kerme­                                                                                            hoben wurde. 1860 bauten die

Metern rechts dem Weg zu, dem Hütte, die uns zwei Möglichkeiten ter. Ausblicke und Einblicke in die                                                                                               Trappisten aus der Abtei Oelenberg

wir nach links entlang von weiten zeigt: Wir können den Weg ab­ anrührend schöne Landschaft we­                                                                                                   die mittelalterliche Klosteranlage

Wiesen folgen. Nach weiteren wärts nach Heimbach zur Orts­ cken eine Neugier, hinter die Fassa­                                                                                                   wieder auf. Doch wurde ihre Arbeit

1100 Metern kommen wir an eine mitte wählen oder den Weg ab­ den des einzigen Trappisten­                                                                                                         durch den preußischen Kultur­

Weggabelung. Wir gehen links wärts zur Straße. Beide Pfade füh­ klosters des männlichen Zweigs in                                                                                                 kampf jäh unterbrochen: Erst 1887

Richtung Heimbach über „Schöne ren uns zurück an den Ausgangs­ Deutschland zu schauen.                                                                                                            konnte die Kirche wieder einge­

Aussicht“.                           punkt, den wir nach gut sechs Ki­ Doch die heitere Offenheit, die                                                                                            weiht werden. 1909 erhob das Ge­

Nach weiteren 400 Metern sind lometern erreichen.                        den Besucher umfängt, ist trüge­                                                                                         neralkapitel des Ordens Mariawald

wir an der „Luna“ und genießen ei­ Unsere Wanderung ist zu Ende, risch. Zwar kann jeder dem Gottes­                                                                                               zur Abtei. Während des Dritten

nen Traumblick auf Heimbach. der Besuch bei den Mönchen liegt dienst in der gotischen Kirche bei­                                                                                                 Reichs wurde das Kloster erneut

Der Aussichtspunkt präsentiert ne­ hinter uns und wir fragen uns, was wohnen oder von der Erbsensuppe                                                                                             durch die Nazis geschlossen und

ben dem Städtchen das Jugendstil­ den Reiz des Trappisten­Kloster in der Gaststätte probieren, doch                                                                                               konnte erst ab 1945 wieder be­

kraftwerk, den Stausee und den Mariawald ausmacht? Es ist wohl das lateinische Wort „claustrum“                                                                                                   wohnt und aufgebaut werden.

Meuchelberg in malerischer die Flucht vor dem Geschwätz der wird hier wörtlich genommen: Es                                                                                                       Heute versuchen die Mönche

Schönheit.                           Welt: Ein Spatz putzt sich in der bedeutet Schloss, Verschluss. Und E 1) Stilles Eiland in der geschwät- E 2) Stätte des Gedenkens 414 mit Zurückgezogenheit der Reiz­

                                                                         so ist ein weithin sichtbares, glü­ zigen Welt: im Kloster Mariawald. Soldaten fanden auf diesem                         überflutung unserer Zeit zu begeg­

Streckenlänge: rund sechs Kilometer                                      hend rotes Tor inmitten der wei­ können die Wanderer pausieren.                   Friedhof ihre letzte ruhe.             nen. Männer, die sich drei bis acht

                                                                         ßen Mauerlandschaft rund um das E 3) Seit mehr als 500 Jahren ein E 4) Abgeschlossen von der Welt: Tage in der stillen Atmosphäre des

                                                                         Kloster Symbol dafür, dass dieser Ort des Gebets: Kirche und Gäste- Das ist das rote tor am Kloster Ma- Klosters besinnen möchten, kön­

                                                                         Ort abgeschlossen ist von der Welt. haus von Mariawald.                           riawald.                               nen sich als Hausgäste den Mön­

                                                                                                                                                                                                  chen anschließen.

                                                                         Das Schweigegelübde

                                                                         Der Heilige Benedikt von Nursia,      Ein Buchtipp, die Streckendaten, die Sehenswürdigkeiten und mehr infos
                                                                         Gründer des Mönchstums im
                                                   Grafik: eifel-Verlag  Abendland, hat dem Tagesablauf        Mit freundlicher Genehmigung des            wagen; Höhenunterschied von 220        8057914, geöffnet 10 – 17 Uhr).
                                                                         drei Elemente gegeben, die in Ma­     eifel-Verlags durften wir obigen text       Meter; Wanderschuhe sehr zu emp-
                                                                         riawald bis heute beherzigt wer­      aus dem Buch „Nationalpark eifel –          fehlen! einkehrmöglichkeit: die Gast-  Der Stausee in Heimbach fasst 1,2
                                                                         den: Stundengebet, körperliche        Der erlebnisführer für die ganze re-        stätte in der Abtei Mariawald (Maria-  Millionen Kubikmeter und wurde
                                                                         Arbeit und Lesung. Das Geheim­        gion“ (14,80 euro, iSBN 978-3-              walder Straße/L 249 in Heimbach-       1932 errichtet, um die unterschiedli-
                                                                         nisvollste aber, das den Menschen     943123-04-3) abdrucken. es ist die          Mariawald, ? 02446/ 95060, www.        che Wasserabgabe der ruraufwärts
                                                                         draußen an den Gasthaustischen        erste von acht Kurzwanderungen, die         mariawald.com).                        liegenden Kraftwerke Heimbach und
                                                                         des Klosters immer wieder ein                                                                                            Schwammenauel auszugleichen.
                                                                         Kopfschütteln abringt, ist das                          Ulrike Schwieren-Hö-      Im Klosterladen gibt es neben Bro-
                                                                         Schweigegelübde der Mönche. So                          ger in ihrem Buch vor-    ten, Naturkosmetik und Handwerkli-     Vom 450 Meter hoch gelegenen
                                                                         suchen die Mönche hinter dicken                         stellt. Der Leser findet  chem vor allem den berühmten Klos-     Soldatenfriedhof oberhalb von Ma-
                                                                         Mauern – während vor ihren Toren                        darin außerdem infor-     terlikör. er hat eine dunklere Farbe   riawald bietet sich ein Fernblick über
                                                                         die Ausflügler tratschen und plau­                      mationen über die         und weniger Alkohol.                   Kloster, Berge und Wälder der eifel.
                                                                         dern – im Schweigen die Einsam­                         Nationalparkstädte
                                                                         keit und sind doch nicht allein.                        und -gemeinden, über      Sehenswürdigkeiten: Am National-       Seit 2004 werden in Kloster Maria-
                                                                         Gemeinsam wird gebetet und gear­                        Schlösser, Burgen,        parktor Heimbach geht es durch ei-     wald feine Pralinen und Schokoladen
                                                                         beitet – und das Allernötigste be­                      Klöster und Museen.       nen malerischen Foto-Buchenwald,       hergestellt. Die Schokoladen sind
                                                                         sprochen. Schon tief in der Nacht,                                                während die tierischen National-       gefüllt mit einer trüffelmasse aus
                                                                         kurz nach vier Uhr morgens, be­       Streckendaten: anstrengende Wan-            park-Promis Wildkatze und Schwarz-     Sahne, Butter und Mariawalder Klos-
                                                                         ginnt das Gebet der Vigilien.         derung auf Waldpfaden, die zum teil         storch über ihre eigenarten schwat-    terlikören – getreu nach einem
                                                                                                               steil aufwärts führen; für Kinder ge-       zen (An der Laag 4-6, ? 02446/         Grundrezept der Mönche.
                                                                            Besonders eindringlich ist die     eignet, jedoch nicht für Kinder-
   7   8   9   10   11   12   13   14   15   16   17